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REVIEWS:

 LE PACT DES LOUPS / BROTHERHOOD OF THE WOLF / PAKT DER WÖLFE

Christophe Gans. France 2001. - 142 min.

Release Date: 14. February 2002
Production Company: David Films, Davis Films; Studio Canal, TF1;
Distribution: Helkon;
(FSK-Freigabe: ab 16)

Screenplay: Christophe Gans, Stephane Cabel
Cinematography: Dan Laustsen
Music: Lo Joseph Duca

Cast:
Samuel Le Bihan
Vincent Cassel
Monica Bellucci
Emilie Dequenne
Marc Dacascos

Synopsis:

Frankreich, 1766. In der abgelegenen Provinz Gévaudan treibt eine grauenvolle Bestie ihr Unwesen, etliche Menschen sind ihr bereits zum Opfer gefallen. Handelt es sich tatsächlich um eine Ausgeburt der Hölle oder vielleicht doch nur um einen ganz gewöhnlichen Wolf? Um dies herauszufinden entsendet Ludwig XV. den Naturwissenschaftler Grégoire de Fronsac (Samuel Le Bihan), der von seinem Blutsbruder, dem Indianer Mani (Mark Dacascos), begleitet wird.
(Source: www.br-online.de)

 

Links:

  official french film site

 official german film site

 

Reviews

 

    Michael Althen: Gefräßiger Blick

    Aus dem Reich der Unwesen: »Der Pakt der Wölfe« von Christophe Gans im Kino

    Dieser Film will alles zugleich sein: Historiengemälde und Actionfilm, Krimi und Abenteuer, Western und Kostümfilm, Serial Killer und Martial Arts, also sozusagen »Angélique«, »Mad Max«, »Tiger & Dragon« und »Hannibal« in einem. Das ist natürlich mehr, als ein Film tragen kann, aber dieses Allerlei von Vorbildern und Einflüssen steht ihm gut zu Gesicht, weil man merkt, mit welcher Lust sich der französische Regisseur Christophe Gans ins Getümmel stürzt und welchen Spaß er an diesem Mischmasch hat. Über dreißig Millionen Euro hatte er zur Verfügung, und wo andere von der Last eines solchen Unternehmens erdrückt würden, da kann man sich seinem Elan nur schwer entziehen. Kann schon sein, daß weniger oft mehr ist - in diesem Fall ist zuviel gerade genug.
    »Der Pakt der Wölfe« spielt am Vorabend der Revolution, und der Erzähler blickt zurück ins Jahr 1764, als eine Bestie die Region von Gévaudan unsicher machte, weil sie die schönen Töchter der Provinz riß, ohne daß jemand das Wesen je zu Gesicht bekommen hätte. Der König jedenfalls schickte den Chevalier de Fronsac (Samuel Le Bihan), einen begabten jungen Anatom, in die Gegend, um die Sache unter die Lupe zu nehmen und dem Spuk ein Ende zu bereiten. Der nahm seinen Blutsbruder, eine Irokesen namens Mani (Mark Dacascos), ins nebelverhangene Reich des Unwesens mit und hatte mehr mit menschlichen als mit tierischen Widersachern zu kämpfen. Wenn die Geschichte zu Ende erzählt ist, wird der Erzähler vom revolutionären Mob zum Schafott geführt. Es wäre also durchaus denkbar, daß die Bestie nur das Sinnbild absolutistischen Unwesens ist.
    Christophe Gans ist klug genug, mehrere Lesarten anzubieten, aber eine drängt sich schon zu Anfang auf, als man sieht, wie ein junges Mädchen auf der Flucht von einer unsichtbaren Kraft gepackt und an einem Felsbrocken zerschmettert wird. Die wahre Bestie in diesem Film ist die Kamera selbst, die immer in Bewegung ist und ihre Opfer umkreist, um dann erbarmungslos zuzustoßen. Es ist also ein gefräßiger Blick, mit dem sich Gans dieser Epoche bemächtigt, weit entfernt von der Gemächlichkeit, welche historische Dekors sonst einzufordern scheinen - als sei die Historie ein Gotteshaus, durch das sich die Kamera nur gemessenen Schrittes bewegen dürfte.
    So wie einst Umberto Eco und Jean-Jacques Annaud durch einen Kriminalfall das Mittelalter fiktionalisiert und als Erzählstoff fruchtbar gemacht haben, so bringt auch »Der Pakt der Wölfe« neuen Schwung in eine Epoche, deren Abbildung sonst gerne im höfischen Zeremoniell erstarrt. Der Fall der Bestie von Gévaudan ist im Grunde ein Serienmörderplot, der plötzlich erlaubt, auch die Zeichen der Zeit neu zu deuten und die Aristokratie als Kadaver zu sezieren. Nicht, daß der Regisseur daran übermäßig interessiert wäre, aber die Konstruktion ist doch enorm tragfähig, weil die Suche nach der Bestie mit unseren Fragen an die Vergangenheit zur Deckung gebracht wird. Und in der Lösung des Falls steckt immer auch die Hoffnung, es könne dadurch auch etwas Licht ins Dunkel der Historie gebracht werden.
    Zwischen Aufklärung und Obskurantismus ist Gans aber vor allem daran interessiert, die Gegenwart in der Vergangenheit zu speigeln und der Sache ein modernes Gewand zu verleihen. So macht er aus dem achtzehnten Jahrhundert geradezu ein New Age, in dem der edle Wilde Dinge weiß, von denen sich damals keiner träumen ließ. Geschichte ist weniger eine Frage der Zeit als eine Sache des Raums - als würden sich im Heute dauernd Löcher auftun, durch die man in frühere Zeiten blicken kann. Dazu gehört dann auch, daß Gans für die exzellent choreographierten Kampfszenen immer wieder Zeitlupe und Stopptricks verwendet, als wolle er die Zeit selbst zum Stillstand bringen. Im »Der Pakt der Wölfe« wird die Geschichte zur Spieluhr. Das ist fürs Kino ein höchst vergnügliches Konzept.

    (FAZ vom Mittwoch, 20. Februar 2002, Nr. 43, S. 53)

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    Rüdiger Sturm: »Monster und Degen«

    Hongkong-Action, Ungeheuer und Kostüme: Mit seinem Mystery-Abenteuer PAKT DER WÖLFE gelang dem französischen Regisseur Christophe Gans ein ebenso stilvoller wie virtuos inszenierter Genrefilm, der das europäische Kino schmückt, sich aber auch vor Hollywood-Blockbustern nicht verstecken muss.

    Vielleicht sieht sich Julian Nida-Rümelin auch manchmal Filme an, statt nur über sie zu reden. Dann wäre PAKT DER WÖLFE genau das Richtige für ihn. Denn das phantastische Abenteuerepos widerlegt die These, dass großes europäisches Kino vor allem Geld braucht. Zwar hatte der französische Publikumshit ein Budget, von dem alle Vilsmaiers und Links nur träumen können - an die 30 Millionen Dollar - aber dennoch wäre jeder Cent sinnlos verpulvert gewesen, hätte sein Macher Christophe Gans nicht noch etwas anderes mitgebracht: Stil und Vision.

    Gans knöpft sich eine der großen historischen Mythen seines Landes vor, die Legende der mysteriösen Bestie von Gévaudan, die angeblich im Frankreich des 18. Jahrhunderts mehr als hundert Dorfbewohner zerfleischte. Und er entspinnt darum eine Geschichte, in der die Französische Revolution und päpstliche Agenten genauso ihren Platz haben wie Indianer mit übersinnlichen Fähigkeiten. Dass dieses ekklektizistische Konstrukt nicht auseinander fällt, ist nur auf den ersten Blick erstaunlich. Denn die Story ist in einem Grenzbereich zwischen Märchenland und geschichtlicher Realität angesiedelt, doch der Filmemacher nimmt sich viel Zeit, um diese Welt und ihre Charaktere in sich stimmig aufzubauen.

    Von Ausgangssituation und Atmosphäre her erinnert PAKT DER WÖLFE stark an Tim Burtons SLEEPY HOLLOW. Aber während Burton letztlich nur eine hölzerne Mär vom Serienmörder bot, webt Gans einen viel reicheren Geschichtenteppich mit verblüffenden Erzählvolten. Obwohl von der visuellen Opulenz her dem Hollywood-Kino ebenbürtig (Kamera: Dan Laustsen), ist der Film in seiner Dramaturgie ganz unamerikanisch. Ganz bewusst hält Gans seine Action-Trümpfe lange zurück - die Auftritte des Monsters sind sparsam dosiert; Atmosphäre ist wichtiger als physische Aktion. Erst im dritten Akt überwältigt er sein Publikum mit einer ganzen Serie von Höhepunkten, die in ihrer handwerklichen Virtuosität den Vergleich mit den US-Blockbustern nicht zu scheuen brauchen.

    Aber in Wahrheit ist PAKT DER WÖLFE ja gar keine europäische Produktion, sondern ein Produkt des globalen Kinos. Unter anderem hat sich Gans zwei der Größen des Hongkong-Kinos geholt: David Wu, den Schnittmeister von John-Woo-Klassikern wie THE KILLER, und Stunt-Koordinator Philip Kwok, der unter anderem für Woo und Ronny Yu arbeitete. Dabei schwimmt der Regisseur nicht auf der neuen Welle der Hongkong-Adepten. Seine Begeisterung für asiatische Filme reicht schon in die Kindheit zurück. Sie spiegelt sich auch in seinem Erstlingsfilm CRYING FREEMAN, einem Action-Märchen nach einem japanischen Manga, bei dem er die Kampfszenen selbst choreografierte. Das war noch ein originelles B-Picture, PAKT DER WÖLFE dagegen ist großes Genrekino. So wie Sergio Leone einst den Western entrümpelte, mischt der französische Asienfreak jetzt den Kostümfilm auf.

    Sein Streifen ist zugleich ein Schaulaufen für die neue französische Stargeneration. Denn die passt ideal in die überlebensgroßen Rollen von PAKT DER WÖLFE - ob Vincent Cassel, Monica Bellucci, Samuel Le Bihan oder Emilie Dequenne, die für ihr Spielfilmdebüt ROSETTA den Darstellerpreis in Cannes erhielt. Ergänzt wird das Ensemble von Marc Dacascos, einem ehemaligen Kampfsport-Champion, der Gans' Action-Visionen seit CRYING FREEMAN physisch umsetzt und dabei sogar Charisma beweist.

    Würden vollere Fördertöpfe dieses Kinowunder auch in Deutschland schaffen? Christophe Gans zeigte schon mit weniger Geld, wozu er eigentlich fähig war. Als er die ersten Szenen von CRYING FREEMAN gedreht hatte, schickte er sie seinem Cutter-Idol David Wu, um ihn für eine Zusammenarbeit zu erwärmen. Wenige Tage später stand Wu am Set.

    (Source: SPIEGEL ONLINE, 13. Februar 2002, URL: http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,182139,00.html

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    Carlos Gerstenhauer: »Pakt der Wölfe«

    Im 18. Jahrhundert wird eine ganzer Landstrich von einer Bestie terrorisiert. In seinem genreübergreifenden Horror-Thriller lässt CRYING FREEMAN-Regisseur Christophe Gans die Crème de la Crème internationaler Schauspieler gegen die blutrünstige Bestie aus Gévaudan antreten. Das Ergebnis ist eine noch nie da gewesene brillante Mischung aus bildgewaltigem Historiendrama, Martial-Arts und meisterhafter Animation.
    Frankreich, 1766. Die Aufklärung hat ihren Siegeszug durch Europa angetreten. Noch wird ein Viertejahrhundert vergehen, bis mit der französischen Revolution und der Erklärung der Menschenrechte die Forderungen dieser modernen Geisteshaltung auch praktisch eingelöst werden. Die französische Intelligenz ist zwar der Aufklärung schon längst verfallen, aber in der Provinz, fern der Pariser Salons, fühlen sich die Menschen alles andere als selbstbestimmt. Hier herrschen mittelalterliche Verhältnisse, und der Aberglaube zwingt die Menschen, ihr Schicksal hinzunehmen. Und genau hier beginnt Regisseur Christophe Gans' abenteuerlich-fantastische Geschichte von der »Bestie von Gévaudan«, sein Film PAKT DER WÖLFE.

    Ein furchtbares Untier, vielleicht ein riesiger Wolf, terrorisiert den südfranzösischen Landstrich Gévaudan. Frauen, Kinder, Alte, Junge, niemanden scheint die Bestie zu verschonen. Nachts reißt sie ihre menschliche Beute und verbreitet Angst und Schrecken. Im Auftrag des Königs wird ein junger adliger Naturkundler, Grégoire de Frosnac (Samuel le Bihan), in die unwirtliche Gegend entsandt, um dem Spuk ein Ende zu machen. Frosnac, gerade aus den amerikanischen Kolonien heimgekehrt, und sein indianischer Begleiter Mani (Mark Dacascos) geraten in einen Sumpf aus Angst, Misstrauen und Aberglauben.

    Lange hat man in Europa keinen fantstatischen Film erlebt, der sich so wie PAKT DER WÖLFE historischer Hintergründe bedient. Das vorrevolutionäre Frankreich und ein bis heute lebendiger Mythos, der der Bestie von Gévaudan, bilden einen flirrenden Teppich, vor dem Christophe Gans einen ganz modernen Film präsentiert. Neben Samuel le Bihan ist das vor allem dem Martial-Arts-Schauspieler und Kung-Fu-Fighter Marc Dacasco zu verdanken. Der in Hamburg aufgewachsene Sohn eines Hawaianers ist ein wunderbarer Actionheld.

    Die in Frankreich blühende Comickultur ist stark spürbar in Christophe Gans Film. Der Film erlaubt sich so manche Freiheit, die zwar auf Kosten der historischen Wahrheit geht, aber der Spannung und Unterhaltung sehr dienlich ist. Lediglich die von Jim Hensons Creature Shop gestaltete Bestie, ein US-Beitrag zu diesem Film, stört hier ein wenig. Sonst ist PAKT DER WÖLFE beste Kinounterhaltung und vor allem formal, was Bildsprache und Trick angeht, ein Film modernsten Standards. In Frankreich letztes Jahr d e r Kassenerfolg, kommt Christophe Gans' Film mit einiger Verspätung bei uns in die Kinos.

    Lange hat Verleiher Helkon gezögert, diesen Film bei uns auf die Leinwand zu bringen. Zuerst waren es die Ereignisse rund um den 11. September, dann wohl die Konkurrenz durch die großen Fantasy-Abenteuer HARRY POTTER und HERR DER RINGE, die man fürchtete. Dabei muss sich DER PAKT DER WÖLFE nicht hinter irgendeinem amerikanischen Vorbild verstecken.

    Christophe Gans ist ein ganz eigenständiger Film gelungen. In seiner Düsternis könnte man ihn vielleicht als eine Art europäisches SLEEPY HOLLOW verstehen. PAKT DER WÖLFE vereint Elemente des Thrillers, die Action eines Martial-Arts-Filmes mit der Opulenz eines Historienabenteuers. Ein feuriger filmischer Cocktail.

    (Source: http://www.br-online.de/unterhaltung/kino/filme/200202/4863/)

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    Daniel Ronel (br-online)

    Wer es mit diesem Film gut meint, nennt ihn »Matrix« aus Paris – und hat unrecht. Denn so erfolgreich er in Frankreich gewesen sein mag und so sehr ihn die Kritik bejubelt – bleiben wir mal bei der Sache: PAKT DER WÖLFE ist anstrengend. Es ist eine Kreuzung aus Action, Horror, Liebes-, Verschwörungs- und Kostümdrama. Und das ist zuviel. Statt sich auf einen der Aspekte zu konzentrieren, wechselt der Streifen die Genres schneller als seine Helden die Hemden. Die Übersicht geht dabei völlig flöten. Was man anfangs noch mit großem Interesse und Wohlwollen verfolgt, gerät nach und nach zu einer monströsen Schmonzette.
    Fazit:
    Knallhart gesagt: Ein nicht enden wollender Murks, der vor allem diese Fragen aufwirft: Warum und warum so? PAKT DER WÖLFE wirkt gewollt ekelhaft und umständlich. Für das viele Geld (35,5 Mio. Euro) hätte man ein paar weitere, bezaubernde AMÉLIE-Filme drehen können.
    (http://www.br-online.de/bayern3/kino/archiv/film_paktderwoelfe.html

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    Christophe Gans: »Ich habe diesen Film für mein Vergnügen gedreht...«

    (Interview)

    In Frankreich brach der Fantasyfilm DER PAKT DER WÖLFE alle Rekorde. Ganze Massen strömten in die Kinos, um den aufwendigsten europäischen Fantasyfilm der letzten Zeit zu sehen. Ein Film, der mit viel Liebe gedreht wurde, denn Christophe Gans konnte darin endlich seine Leidenschaft für Kung-Fu, Schience-Fiction und Fantasyfilme ausleben. Kino Kino stand er Rede und Antwort.
    Nach CRYING FREEMAN - DER SOHN DES DRACHEN ist DER PAKT DER WÖLFE Christophe Gans' zweiter Spielfilm. Wir haben mit dem jungen Regisseur gesprochen.

    Kino Kino:
    Sie haben einen fantastischen Film gedreht, der von europäischer Geschichte handelt. In welches Genre gehört DER PAKT DER WÖLFE?

    Christophe Gans:
    Genaugenommen ist DER PAKT DER WÖLFE ein »Folk-Movie«. Ich war mit sicher, dass das Publikum keinen weiteren Historienschinken sehen wollte und habe beschlossen ein Fantasyfilm vor reellem historischen Hintergrund zu drehen. DER PAKT DER WÖLFE führt die in Frankreich allgemein bekannte Geschichte um das BIEST VON GÉVAUDIN fort.

    Kino Kino:
    Der Film basiert auf einer Novelle. Ist DER PAKT DER WÖLFE eine Literaturverfilmung?

    Christophe Gans:
    Mein Film fußt auf einer wahren Begebenheit. Im 18. Jahrhundert tötete irgendetwas oder irgendjemand über hundert Menschen innerhalb von drei Jahren. Nie hat man herausgefunden wer es war. Also wurde das Ganze auf Befehl des Könnigs einfach totgeschwiegen. Die Vorfälle trugen sich zu einer Zeit zu, als man gerade begann, die Ziele der französischen Revolution zu verwirklichen. Es war, als wollte das letzte Monster eines auslaufenden Jahrhunderts noch einmal gegen die neue Zeit ankämpfen.

    Kino Kino:
    Wir leben heute in einer rationalen Zeit. Wie erklären Sie sich die große Faszination für mystische Themen ausgeht?

    Christophe Gans:
    Ich glaube, dass die meisten Menschen, vor allem junge Leute, wegen der Emotionen ins Kino gehen. Mir ist es besonders wichtig, dass die Zuschauer bei DER PAKT DER WÖLFE etwas spüren, dass sie der Film in einer Art Trance versetzt. Genau das ist auch die Funktion des Kinos in unserer rationalen Welt: ein dunkler, mysthischer und magischen Ort, an den man sich zurückziehen kann.

    Kino Kino:
    In DER PAKT DER WÖLFE vermischen Sie bewusst Elemente Fantasy-, Historien- und Kung-Fu-Filmen. Sehen so die Filme der Zunkunft aus?

    Christophe Gans:
    Wir leben im Zeitalter der Globalisierung. Deshalb sehe ich meinen Film als Teil des »World Cinema«. In unserer multikulturellen Gesellschaft müssen wir diese kulturelle Vielfalt auch in unseren Filmen wiederfinden. Ich habe bewusst französische Geschichte mit asiatischen Elementen kombiniert.

    Kino Kino:
    Sie halten sich nicht an Genregrenzen. Woher nehmen Sie sich die Freiheit, so mit den Genres zu spielen?

    Christophe Gans:
    Das Kino hat für mich die Aufgabe Sagen, Mythen weiterleben zu lassen. Ich gehöre einer Generation an, die noch Bücher las. Die jungen Leute spielen heute nur noch Videogames oder sehen japanische Comics im Fernsehen. Und wissen Sie was? Auch diese Videogames und japanische Comics beruhen auf den Sagen, die ich aus Büchern kenne. Mit meinem Film will ich ein breites Publikum ansprechen. Diejenigen, die gerne Bücher lesen und diejenigen, die Comics lieber mögen.

    Kino Kino:
    Sie haben einen mutigen Film realisiert. Waren Sie sich des Risikos bewusst?

    Christophe Gans:
    Sicher war DER PAKT DER WÖLFE ein riskantes Projekt, aber - das müssen Sie mir glauben - während der gesamten Produktionszeit habe ich nicht einmal daran gedacht. Erst als der Film ins Kino kam, habe ich Angst bekommen. Was würde passieren, wenn keiner den Film sehen will? Meine Karriere könnte ich mir abschminken. Ich habe mit der DER PAKT DER WÖLFE einen Film für mein eigenes Vergnügen gemacht.

    Kino Kino:
    Regisseure sind bekanntlich die aufmerksamsten Zuschauer. Wodurch unterscheidet sich Ihr Film von den gängigen Fantasyproduktionen aus Hollywood?

    Christophe Gans
    Mein Film zeichnet sich durch seine Unvorhersehbarkeit aus. Im Gegensatz dazu verlaufen Fantasyfilme aus den USA immer nach Schema F, so dass man genau weiss, was als nächstes passiert. Bei meinem Film kann man nur eines erwarten: dass das Unerwartete eintrifft.

    Mit Christophe Gans sprach Carlos Gerstenhauer.

    (Source: http://www.br-online.de/unterhaltung/kino/filme/200202/4834/)

 

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    Ralph Eue: »Mantel, Degen & Martial Arts«

    Fantasy à la française: Das Schauerepos DER PAKT DER WÖLFE rüstet vergangene Welten mit den Mitteln des Weltkinos auf.

    Wie der Vampir so hat der Wolf im Kino schon seit Frühzeiten seine Kraft entfacht – allegorische Bedeutungen, die zugleich Ausdruck einer lebhaften Phantasie wie äußerst plausibel sind. Einerseits werden die Tiere vermenschlicht, andererseits die Menschen in einer doppelten Volte mit der ursprünglichen Naturwelt rückverbunden, obwohl sie sich auf immer von ihr entfernt haben.
    Pakt der Wölfe“ geht zurück auf eine historische Begebenheit. Zwischen 1764 und 1767 kam es im Gévaudan, einer Berggegend im Süden Frankreichs, zu einer Serie grässlicher Todesfälle. 130 Frauen und Kinder wurden gefressen, einige aufs Schlimmste verstümmelt. Spuren und Bissmale ließen auf einen riesigen Wolf schließen, und die Taten der so genannten Bestie vom Gévaudan wurden schnell über die Grenzen der Region hinaus bekannt.

    Mörderisches Monster. Die Menschen fürchteten, es handele sich um einen Werwolf. Man sandte eine Petition an König Ludwig XV., der 1765 40 Jäger schickte. Das Tier, ein schwarzer Wolf von fast zwei Meter Länge und einem Gewicht von 65 Kilo, wurde schnell aufgebracht und erschossen. Die Morde jedoch hörten nicht auf, und erst im Juni 1767 erlegte ein Schütze einen Wolf mit einer silbernen und zuvor gesegneten Kugel – der traditionellen Vorkehrung gegen Werwölfe. Und daraufhin riss die Bestie keine Opfer mehr.

    Bereits im 18. Jahrhundert hob die lebhafte Spekulation über die wahre Identität des Ungeheuers an, denn dass der zuerst erlegte Wolf nur als Monster popanz für düstere menschliche Ränke aufgebauscht worden war, stand außer Zweifel. Ebenso erfreute sich die Werwolf-Hypothese zwar als Rätsel großer Beliebtheit, aber kaum jemandem erschien sie als Lösung tauglich.

    Christophe Gans, der 1995 aus dem berühmten Manga CRYING FREEMAN einen internationalen Kultfilm machte, schickt nun in DER PAKT DER WÖLFE zwei strahlende Mantel-und-Degen-Helden – Samuel Le Bihan als der kluge und schlagkräftige Naturforscher Grégoire de Fronsac und Mark Dacascos als dessen indianischer (!) Blutsbruder Mani – zur Erhellung des Geheimnisses in die von der Bestie heimgesuchte Bergregion.

    Nie ist man sicher, ob die Handlung nur wirr oder komplex ist; ebenso wenig lässt sich sagen, ob die frenetische Hetzerei des Films durch pittoreske Feldlager, malerische Schlösser und geheimnisvolle Bordelle pompös oder ironisch ist – und schon gar nicht, ob man sich der visuellen Verve des Spektakels eigentlich hingeben mag oder ob einem das All-inclusive-Angebot nur hoffnungslos Magen, Herz und Hirn verdirbt.

    Insgesamt ist »Pakt der Wölfe« ein phantastisch gesampeltes DJ-Produkt: Den effektreichen Kampfszenen, die TIGER & DRAGON so viel verdanken wie MATRIX, entsprechen Plotmotive, die von ANGÉLIQUE über DIE DREI MUSKETIERE zum GLÖCKNER VON NOTRE-DAME reichen, was sich wiederum gut ergänzt mit den Personenkonstellationen, die aus DIE PURPURNEN FLÜSSE oder DER LETZTE MOHIKANERherrühren könnten.

    Etwas allerdings lässt das Fantasy-Epos gründlich vermissen, und es ist kurioserweise das, worauf der gesamte Look des Films abzielt: das Unheimliche, den Grusel, die Furcht. Während in der ersten Hälfte entweder platt oder penetrant mit der Erwartung des Monsters gespielt wird, so wütet im Rest des Films ein mit Eisenspornen bewehrtes Riesenetwas wie ein Springteufel durch Hütten, Schluchten und Gewölbe. Dabei bleibt kein Gliedmaß am anderen, keine Seele in ihrer Hülle – und kein Auge trocken.

    Zwar liefert Christophe Gans eine wirklich beeindruckende Leistungsschau französischen Action-Know-hows, was aber bleibt von der Story um die Bestie vom Gévaudan, jener auch bloß geschundenen Kreatur aus Afrika, die von einer Geheimloge dressiert wurde, damit die Raserei des Tieres die Autorität des Ancien Régime destabilisiere? Nichts anderes als das laute Postskriptum zu einer naiv-historischen Moritat.


    (Source: http://www.focus.de/F/2002/07/Kultur/kino/kino.htm)

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